Herren I - „Am Ende hat immer alles geklappt“
Herr Piras, Herr Richter, am Sonnabend spielen Sie zum letzten Mal ein Punktspiel für den TC Lilienthal. Ende April löst sich die Tennisschule Piras/Richter auf. Täuscht das, oder ist das ein Abschied, den eigentlich keiner so richtig wollte?
Verlässt den TC Lilienthal und wird ab Mai auf der Tennis-Profitour angreifen: Mauro Piras. (Hans-Henning Hasselberg)
Tim Richter: Aus Vereinssicht war die Veränderung sicher nicht gewünscht. Und auch für uns ist es ein harter Schritt, dass alles hier aufzugeben. Ich glaube, dass fast alle im Verein sehr zufrieden waren. Wir hatten drei Jahre eine tolle Partnerschaft. Besser kann man kaum zusammenpassen. Als Mauro sich entschieden hatte, noch einmal als Profi anzugreifen, war aber klar, dass es eine Veränderung geben wird.
Mauro Piras: Wir hätten gerne mit dem Verein eine Lösung gefunden. Unser Wille war es, dass ich mich wegen meiner persönlichen Ziele zwar etwas zurückziehe, aber trotzdem in irgendeiner Form weitermache. Dann hätte man einen anderen Trainer für mich verpflichten können. Das war für den TC Lilienthal aber leider keine Option.
Verlässt den TC Lilienthal und wird ab Mai beim TC Blau-Gold Hagen als Cheftrainer arbeiten: Tim Richter. (Hans-Henning Hasselberg)
Tim Richter: Wir haben uns ja auch einen gewissen Namen gemacht in den vergangenen drei Jahren, wollten deshalb gerne auch weiterhin zusammenarbeiten.
Das hört sich schon nach einer gewissen Enttäuschung an?
Tennis TC Lilienthal (Hans-Henning Hasselberg)
Tim Richter: Ja, schon. Es ist einfach schade. Wir gehen wirklich nicht im Streit. Überhaupt nicht. Wir hatten eine tolle Zeit bei einem klasse Verein. Aber am Ende hätte ich mich über etwas mehr Wertschätzung meiner Person gegenüber gefreut.
Können Sie diese drei Jahre TCL in wenigen Sätzen zusammenfassen?
Tennis TCL TC Lilienthal (Hans-Henning Hasselberg)
Mauro Piras: Drei absolut geile Jahre. Verrückt, lustig, erfolgreich.
Dann lassen Sie uns doch mal gleich ins Detail gehen. Verrückt, weil ...?
Mauro Piras (Hans-Henning Hasselberg)
Tim Richter: Weil es mit Mauro und mir einfach so unglaublich gut gepasst hat. Wir haben viel zusammen erlebt.
Mauro Piras: Man darf nicht vergessen, wir kannten uns vorher überhaupt nicht. Das ist schon sehr speziell, wenn man dann so harmoniert. Es gab eigentlich nie Meinungsverschiedenheiten.
Nächster Punkt: Es war lustig, weil ...?
Mauro Piras: Vor allem weil wir den gleichen Humor haben. Aber wir haben eben auch sonst die gleichen Themen im privaten Bereich. Wir konnten viel voneinander lernen, sind eigentlich jede Herausforderung positiv angegangen.
Und dass Ihre Zeit beim TC Lilienthal erfolgreich war, dürfte sich rumgesprochen haben, oder?
Mauro Piras: Ich denke mal. Auf dem Papier war sie es auf jeden Fall.
Lilienthal war immer eine Art gallisches Dorf. Komplett ohne Ausländer und teure Einkäufe. Und trotzdem immer erfolgreich. Was war das Geheimnis?
Tim Richter: (lacht) Ich weiß selber nicht, wie wir das gemacht haben. Wir haben immer relativ tief gestapelt vor einer Saison. Das war natürlich ein bisschen Taktik, aber oft eben auch purer Realismus. Entweder haben wir einfach mega Glück gehabt die letzten drei Jahre, oder wir waren vielleicht wirklich ganz gut.
Was waren Ihre persönlichen Highlights?
Mauro Piras: Der Aufstieg in die Nordliga im März 2015. Das kam völlig unerwartet. Beim entscheidenden Spiel damals gegen den SV Louisenlund war die Halle richtig voll, die Fans haben getrommelt und TCL-Schals geschwenkt.
Ist eine besondere Enttäuschung hängen geblieben?
Mauro Piras: Das knappe 4:5 gegen Wilhelmshaven im letzten Sommer. Das war wirklich bitter.
Tim Richter: Im Nachhinein sind wir dann aber ja als Vize-Meister trotzdem aufgestiegen. Das war schon verrückt, am Ende hat irgendwie immer alles geklappt.
Jetzt könnten Sie am Sonnabend wieder als Zweitplatzierter aufsteigen. Wussten Sie eigentlich im Vorfeld der Saison, dass Platz zwei in diesem Winter zum Aufstieg in die Regionalliga berechtigt.
Mauro Piras: (lacht) Das darf man ja eigentlich gar nicht sagen, aber nein, wir wussten das tatsächlich nicht. Aber daran sieht man ja, dass wir im Vorfeld wirklich in keinster Weise mit dem Aufstieg geliebäugelt haben.
Tim Richter: Wir wussten nur, wie viele Absteiger es gibt.
Was würde Ihnen persönlich dieser Aufstieg bedeuten?
Mauro Piras: Viel. Sehr viel. Das wäre der krönende Abschluss einer tollen Zeit. Und wir wollen auch zeigen, dass wir bis zum Ende voll durchziehen.
Dann hätten Sie den TC Lilienthal ja praktisch in der Halle ganz nach oben gebracht. Mehr als Regionalliga gibt es im Winter ja nicht. Ist diese Liga machbar für einen Klub wie den TCL? Ohne Piras/Richter?
Tim Richter: Na klar, wenn dementsprechend neue Leute geholt werden. Mit Tim Nekic und Alexander Brüggenwerth stehen ja auch schon zwei Neuzugänge fest. Natürlich ist die Regionalliga für Luis Lentz und Ahmad Hamijou eine echte Herausforderung. Aber darum geht es am Sonnabend erst mal gar nicht.
Herr Piras, Sie spielen ab kommenden Sommer für den Club zur Vahr, bleiben hier in der Gegend wohnen. Wäre es nicht denkbar gewesen, dass Sie trotz Ihrer Pläne im Sommer weiterhin für den TC Lilienthal auf Punktejagd gehen?
Mauro Piras: Mein Traum war es halt, einmal Bundesliga zu spielen. Da hatte ich früher auch schon mal entsprechende Angebote gehabt. Aber das war eben nicht vereinbar mit der Arbeit beim TCL. Außerdem war es uns wichtig, als Lilienthaler Team aufzutreten. Jetzt werde ich im Mai die Punktspiele für den Club zur Vahr in der Regionalliga spielen und mich danach auf die Turnierserie konzentrieren.
Steht denn da der genaue Terminplan schon?
Mauro Piras: Nein, die Turnierserie steht noch nicht komplett fest. Ich werde mich aber auf Turniere in Europa konzentrieren, sprich Tschechien, Schweiz, Belgien. Nichts, was zu weit weg ist. Am Ende des Jahres werde ich mich dann hinsetzen und Bilanz ziehen.
Zeitnah ist aber nichts konkret geplant?
Mauro Piras: Nein, ich möchte jetzt erst mal die Tennisschule zu einem guten Abschluss bringen. Das ist mir persönlich sehr wichtig. Ich möchte wirklich nicht, dass irgendwer beim TC Lilienthal glaubt, wir würden die Sache zum Ende hin schleifen lassen.
Und wie geht es bei Ihnen weiter, Herr Richter?
Tim Richter: Ich werde am 1. Mai beim TC Blau-Gold Hagen anfangen. Ein Verein, der etwas kleiner ist als der TC Lilienthal. Die erste Herren spielt auch nur in der Verbandsliga, aber ich wollte ja auch langsam etwas kürzer treten.
Und dann ab und zu mal ein Spiel von Borussia Dortmund im Stadion anschauen? Sie sind doch großer BVB-Fan, oder?
Tim Richter: Auf jeden Fall. Das ist schon fest eingeplant.
Werden Sie dem TCL in irgendeiner Form verbunden bleiben?
Tim Richter: Bestimmt. Ich habe hier so viele Kontakte und Freunde. Mauro bleibt ja auch hier in der Gegend. Da werde ich sicherlich bestens informiert sein.
Wird es irgendwann noch mal woanders eine Tennisschule Piras & Richter geben?
Mauro Piras: (lacht) Das haben wir schon oft einfach mal so gesagt. Dass wir unbedingt irgendwann noch mal was zusammen machen wollen. Weil es einfach so unglaublich gut harmoniert hat. Ich hoffe das wirklich.
Vielleicht ja sogar beim TC Lilienthal?
Mauro Piras: Das ist aktuell nun erst mal ja keine Option mehr.
Tim Richter: Aber man soll bekanntlich niemals nie sagen.
Das Gespräch führte Tobias Dohr.
Mauro Piras und Tim Richter haben in den vergangenen drei Jahren die Tennisschule beim TC Lilienthal geleitet und in dieser Zeit auch dauerhaft für die ersten Herren des Klubs gespielt. Piras (28) will sein Glück ab Mai auf der internationalen Profitour versuchen, Richter (34) wird zurück in seine Heimat Dortmund gehen und dort als Cheftrainer arbeiten. Am Sonnabend wird das Duo letztmalig für den TC Lilienthal in einem Punktspiel aufschlagen – und kann diesen finalen Auftritt dann sogar mit dem Regionalliga-Aufstieg veredeln.
Ein Remis reicht für den Aufstieg Als Tabellenführer und einziges noch ungeschlagenes Team geht der TC Lilienthal in sein letztes Spiel der diesjährigen Nordliga-Wintersaison. Gegen den Drittplatzierten Uhlenhorster HC reicht am Sonnabend in eigener Halle (Beginn 14.30 Uhr) deshalb schon ein Remis, um den Regionalliga-Aufstieg perfekt zu machen. Das Quartett Mauro Piras, Luis Lentz, Ahmad Hamijou und Tim Richter steht zur Verfügung, auch beim Gegner wird das Stammquartett erwartet. Parallel spielen auch die Lilienthaler Damen, es ist also alles hergerichtet für einen Tennis-Festtag. „Man denkt schon öfter an dieses letzte Spiel als an andere Partien“, sagt Mauro Piras. „Es wird aber auch das mit Abstand schwerste Spiel der Saison.“ Eines jedenfalls steht schon vor dem finalen Auftritt von Piras und Richter in der Halle am Sportpark fest: „Auch wenn wir 0:6 verlieren sollten, hinterher werden wir mit der ganzen Mannschaft feiern gehen. Es war so oder so eine sensationelle Saison“, sagt Richter.
Wümme Zeitung von 17.02.2017 / Tobias Dohr