Ein Hauch von Profitour beim TC Lilienthal
Lilienthal. Katharina Hering ist schon ordentlich rumgekommen in der (Tennis-)Welt. Die 24-Jährige hat Tausende Kilometer in Deutschland und noch mehr Kilometer in Europa auf ihrer persönlichen Reiseuhr. Und deshalb war es wohl das größte Lob, als die frischgebackene Siegerin der 8. Lilienthaler Volksbank-Open zum Mikrofon griff und dem Turnier des TC Lilienthal den finalen Ritterschlag verpasste: „Dieses Turnier ist definitiv eines der schönsten Preisgeldturniere, die es in ganz Deutschland gibt.“
Damit brachte Hering das auf den Punkt, was das Lilienthaler Organisationsteam um Susanne Hogenkamp in den vergangenen fünf Tagen eigentlich von allen Aktiven permanent widergespiegelt bekommen hatte. „Alle Spieler sind einfach immer wieder von dieser Atmosphäre hier begeistert“, sagte Eva John. Und die TCL-Sportwartin war – ebenso wie die vielen hundert Zuschauer an den vergangenen Tagen – begeistert von der enormen sportlichen Qualität der Veranstaltung. Eine solch hohe Dichte an deutschen Top-100-Spielern hatten die Volksbank-Open überhaupt noch nie gesehen. George von Massow, der frühere Lilienthaler Herrenspieler, der in diesem Jahr an Position zwei ins Turnier startete und ebenso wie der topgesetzte Lukas Rüpke bereits im Viertelfinale die Segeln streichen musste, brachte es laut Eva John wie folgt auf den Punkt: „George hat gesagt, dass das hier vom Drumherum alles Future-Niveau hat.“ Für die Nicht-Tennis-Spezialisten: Die ITF-Future-Turnierserie ist die internationale Profitour unterhalb der ATP World Tour und der ATP Challenger Tour.
Internationales Flair
Und spätestens am Finaltag wehte dann auch ein Hauch von internationalem Profitennis über die Anlage Am Sportpark. Das lag zum einen natürlich am Tschechen Robin Stanek. Der 24-jährige Finalist stand vor drei Jahren schon einmal auf Platz 258 der Weltrangliste und hatte sich im Halbfinale mit Osman Torski eine epische Schlacht geliefert. Nur drei Stunden später musste Stanek nun im Finale gegen Johann Willems antreten. Der 24 Jahre alte Willems hatte im gesamten Turnierverlauf keinen einzigen Satz und nur elf Spiele abgegeben, ging also deutlich ausgeruhter in das mit Spannung erwartete Endspiel.
Zwar eröffnete Willems, der für Pforzheim in der 2. Bundesliga aufschlägt, mit drei Aufschlagfehlern, doch danach nahm das Finale Fahrt auf. Und wie. In einer unglaublichen Intensität und Präzision schlugen sich die beiden Spieler vor den rund 300 Zuschauern auf den voll besetzten Tribünen des Centre-Courts die Bälle um die Ohren. Willems holte sich den ersten Satz mit 6:3 – und Stanek war klar, dass er dieses Tempo nicht weiter gehen konnte. Nach dem kräftezehrenden Match musste der Tscheche aufgeben.
Das Damenfinale ging zwar über die volle Distanz, war aber trotzdem schnell beendet. Denn im Duell der beiden Topgesetzten war Katharina Hering ihrer Kontrahentin Shaline-Doreen Pipa an diesem Tag einfach noch deutlich überlegen. Mit einer beeindruckenden Rückhand übte die deutsche Nummer 34 immer wieder Druck aus. Nach dem 6:4 im ersten Satz war der Widerstand von Pipa, die im Halbfinale von einer verletzungsbedingten Aufgabe ihrer Gegnerin profitiert hatte, endgültig gebrochen. Mit 6:1 ging der zweite Satz und somit auch 1600 Euro Preisgeld an die Spielerin vom Kölner Klub Marienburger SC.
Für die Lokalmatadorinnen und Lokalmatadoren gab es in diesem starken Feld nichts zu erben – was ein weiteres Indiz für die Qualität des Hauptfeldes war. „Dass ein Tim Nekic hier ohne Wildcard nicht mal ins Hauptfeld gekommen wäre, sagt wohl alles“, staunte Eva John mit Blick auf das Tableau noch einmal nicht nicht schlecht. Keine Frage, die 8. Lilienthaler Volksbank Open werden in herausragender Erinnerung bleiben.
Foto und Bericht: Tobias Dohr, Wümme-Zeitung 09.09.2019